Bullets over Broadway (#) von Woody Allen. USA, 1994. John Cusack, Dianne Wiest, Chazz Palminteri, Marie-Louise Parker, Jennifer Tilly, Jack Warden, Jim Broadbent, Tracey Ullman, Harvey Fierstein, Rob Reiner

   Vor einigen Jahren zollte Woody seiner geliebten Broadway-Szene schon einmal filmischen Tribut, in „Broadway Danny Rose“, den ich damals inmitten seiner Serie von Meisterwerken als flau empfand. Heutzutage dreht der Mann zwar keine Meisterwerke mehr, doch nach zwei recht amüsanten Filmchen kommt das neueste ebenfalls reichlich matt daher. Ein junger Dramatiker muss einsehen, dass er sich als Künstler erstens mit dem Kommerz arrangieren muss – der Sponsor der Produktion, ein Mafiagangster, setzt seine total unbegabte Schnalle als Darstellerin durch – und zweitens mehr aufs wahre Leben schauen muss, wenn seine Stücke nicht völlig saftlos und hohl klingen sollen. Zu dieser Einsicht verhilft ihm der robuste Bodyguard just jener Mafiamieze, der mit sicherem Instinkt die falschen Töne aus dem Stück tilgt und ein wenig blutvolle Handlung dazu dichtet, sodass unser schwärmerischer Schöngeist schlussendlich selbstkritisch einsieht, dass er doch wohl nicht das Zeug zum Schriftsteller hat, eine Erkenntnis, die ihm zumindest seine Freundin wiedergewinnt.

 

   Sollte Woody hier etwas ironisch auf sich selbst angespielt haben? Fast scheint es so, denn immer wenn der Mann mal wieder nordeuropäischen Tiefsinn produzieren wollte, resultierte fast unweigerlich peinlichster Flachsinn, der den treuesten Fan einer schlimmen Belastungsprobe aussetzte. Und der fahrige, spillerige Brillenträger John Cusack gemahnt in der Tat in vielem an seinen Regisseur und dessen ewigwährenden Kampf zwischen Kunst und dem wahren Leben. Und diesmal hat mal wieder nichts von beidem so recht gewonnen. „Bullets over Broadway“ gehört in jene, leider mittlerweile immer voller werdende Kategorie halbseidener versuche, die beiweitem nicht den Witz der rasanten früheren Juxfilme, aber andererseits auch nichts genügend Substanz haben, um ernsthafte Ambitionen anmelden zu können. Ich habe im Verlauf dieses Films ein halbes Dutzendmal spontan losgelacht, und das ist mir zu wenig, und außerdem fand ich die ganze mafiaschiene denkbar wenig überzeugend integriert. Ab und zu wird mal wieder jemand liquidiert, regelt der angehende Theatermäzen seine krummen Geschäfte während einer Besprechung über die Theateraufführung, aber all diese kleinen Nebenepisoden sind weder lustig noch spannend. Die Idee mit dem Leibwächter und seinen unverhofften literarischen Talenten ist als einzige wirklich ganz witzig, aber drumherum tut sich wenig Erheiterndes. Dianne Wiests Rolle ist so ungehemmt überzogen, dass selbst die Parodie der Schmierendiva anstrengend wird, und den anderen Darstellern guckt Kamera irgendwie niemals so richtig ins Gesicht, wir hören sie immer nur reden, sehen sie gestikulieren, aber wirkliche Nähe findet wie so oft bei Woody nicht statt. Das war solange okay, wie die Scherze okay waren, aber dies ist eben ein Zwitter zwischen den Stühlen, und unter dem Strich definitiv einer jener Woody-Allen-Filme, die sich nicht in meinem Gedächtnis verankern werden. (28.4.)