To die for (#) von Gus van Sant. USA, 1995. Nicole Kidman, Matt Dillon, Joaquin Phoenix, Kurtwood Smith
Nach dem Ärgernis seiner nervtötenden Däumlingssaga mit den Cowgirls hat uns Mr. Van Sant nun wieder halbwegs versöhnt und eine nette, fiese Satire über eine karrieregeile Furie im Medienrausch inszeniert. Suzanne kommt aus Little Hope/New Hampshire und will was werden. Sie fischt sich zunächst den begehrtesten Jüngling am Ort und schmeißt sich dann an die Herren vom Fernsehen ran, mit dem Erfolg, dass sie zwar nur bei einem lokalen Minisender landet, den aber bald als Wettertante mit soziologischen Ambitionen fest im Griff hat. Eine von ihr angeregte Studie über Teens an der Schule bringt sie in Kontakt mit dreien von ihnen, deren innige Bewunderung ihr alsbald zufliegt. Gleichzeitig erkennt sie, dass sie keinen strammen Karrieristen, sondern einen etwas schlichten, braven Italo geheiratet hat, der nun auch seine Pläne mit Vatis Restaurant hat, sie dort einbinden will und ihr alles in allem nur noch im Weg ist. Mit Leichtigkeit kann sie die geifernden beiden Trashkids davon überzeugen, dass sie misshandelt wird und ihr Gatte nicht verdient, am leben zu bleiben. Also stirbt er, sie steht vor laufenden Kameras als trauernde Witwe da, die Kids gucken in die Röhre bzw. landen im Knast, und erst die Mafiaconnections von Papa Italo sorgen für Gerechtigkeit und ein eisiges Begräbnis der kühlen Blonden.
Im TV-Dokumentarstil hat van Sant diese Geschichte erzählt, splittet sie in viele Rückblenden und eingeschnittene Interviews, unter anderem eine Selbstpräsentation Suzannes, die ihren großen Auftritt per Video vorbereiten will, bevor sie unsanft unter dem Eis des örtlichen Sees abtaucht. Die Zutaten gehören in jede beliebige Seifenoper und werden zusätzlich mit sichtlichem Genuss überzogen. Suzanne ist ein derart intrigantes, gemeines Miststück, ihr Gatte ein so lieber, schlichter Kerl, die drei Kids ausgelaugte, wichsende und lallende Säureköpfe, die beiden Familie der ultimative Kontrast zwischen cleanen WASPs und dunkel angehauchten Italos, all dies verpackt in rosaroten Tüll, Fetzen von Metallmusic und immer wieder langen Großaufnahmen von Suzannes fröhlicher Visage, wenn sie in ihre eigene Kamera hineinlügt. Nicole Kidman gibt ihrer Rolle von allem genau richtig ein bisschen zuviel, zuviel Sexappeal, zuviel schmaläugige Berechnung, zuviel eiskalte Ränkeschmiede, alles in allem die vergnügliche Karikatur einer Frau, die über Leichen geht und ihre sprichwörtlichen Reize effektiv benutzt. Um sie herum gruppiert sich ein treffliches Arrangement amerikanischer Stereotypen, vom Kleinstadtmief über die lachhaft aufgeblasene TV-Mentalität und Videoabhängigkeit bis hin zu sozialen Feinheiten, mit denen es van Sant aber auch nicht zu ernst meint. Ein paar logische Schwachstellen tauchen hin und wieder auf (die ganze Ehe an sich ist mir nicht sonderlich einleuchtend), aber das macht nichts, wenn man ansonsten seinen Spaß hat, und dafür ist hier doch in erfreulichem Maß gesorgt. (23.12.)