"The Pillow Book" (Die Bettlektüre) von Peter Greenaway. England, 1995. Vivian Wu, Yoshi Oida, Ewan McGregor, Ken Ogata, Hideko Yoshida, Judy Ongg

Greenaways neuestes Werk hat eigentlich nicht mehr viel von dem zu bieten, was mir die alten eigentlich immer noch lieb und teuer gemacht hat: Weder den verschroben-verspielten, typisch britischen Charme und Humor der früheren noch die drastischen Provokationen der späteren Filme. Und auch "Prospero's Books" strahlt bei aller optischer Überladenheit noch immer mehr Charme aus als diese wenig inspiriert zusammengereimte Geschichte einer Japanerin, der Tochter eines angesehenen Schriftstellers Kalligraphen, die auf ihre Weise Rache nimmt an dem Verleger, der ihren Vater mißbrauchte und erniedrigte. Sie lernt die Kunst der Kalligraphie auszuüben, wobei sie sich zumeist der Körper ihrer Liebhaber bedient, besonders Jeromes, eines englischen Übersetzers in Hongkong, der am unglücklichen Verlauf der Liebesgeschichte schließlich zugrunde geht. Der Verleger läßt dem Leichnam die kunstvoll verzierte Haut abziehen und zu einem Buch verarbeiten, das sich Nagiko ihrerseits dann zurückholt, indem sie im Austausch nacheinander dreizehn bemalte Boten zu dem Lustgreis sendet.

 

Eine Reflexion über das Wort und das Zeichen als kreative göttliche Schöpfung, basierend auf einem eintausend Jahre alten literarischen Text, und zugleich über erotische Obsessionen, aber nichts von alledem hat mein Interesse länger als eine halbe Stunde wach zu erhalten vermocht. Der Film ist zuerst eine Kopfgeburt, er ist weder erotisch noch sinnlich noch komisch, sondern nur durchgeistigt, randvoll mit optischen und akustischen Einschüben, Anmerkungen, Anspielungen und was sonst noch alles. Wie schon beim Shakespeare-Film reicht ein Bild längst nicht mehr aus, es müssen zwei, bisweilen auch drei sein, mit denen sich der Konsument herumschlagen darf, aber selbst diese Technik, die ja durchaus kreativ und reizvoll genutzt werden kann, wirkt angestrengt, arrogant, und eigentlich auch bedeutungsleer. Vorbei sind die Zeiten, da ein Greenaway-Film immer auch eine Entdeckungsreise in die Details eines jeden Bildes war, oder in denen die intellektuellen Anstrengungen wenigstens noch mit einer Portion Ironie garniert wurden. Hier ist alles ernst, getragen, inhaltlich vorhersehbar und für mich persönlich thematisch auch nicht weiter interessant. Ich habe mich ein bißchen an den "Bauch des Architekten" erinnert gefühlt, den einzigen anderen Greenaway-Film, den ich ähnlich unamüsiert und uninteressiert angesehen habe, wobei ich mich beim Pillow Book dieses Jahr noch ein gutes Stück mehr gelangweilt habe. (26.11.)