"Mighty Aphrodite" (Geliebte Aphrodite) von Woody Allen. USA, 1995. Woody Allen, Mira Sorvino, Helena Bonham Carter, F. Murray Abraham, Peter Weller, Michael Rapaport, Claire Bloom
Ein sehr gut gelauntes Großstadtmärchen mit Spaß und Pep und einem Woody Allen, der seiner unvergleichlichen Galerie an jüdischen Antihelden einen weiteren hinzufügt, nämlich den Sportreporter Lenny Weinrib, der sich unversehens in den unheilvollen Sog der Gefühle gezogen sieht, als er die Mutter seines Adoptivsohnes, aus dem er gern ein Wunderkind machen würde, aufspüren will. Die ist nämlich nicht das erwartet edle Geschöpf, sondern eine Pornodarstellerin und Nutte mit eindeutigem Künstlernamen und ebenso deutlicher Diktion, die dem bebrillten Feingeist ein ums andere Mal die Schamröte ins Gesicht treibt. Bald ackert Lenny an zwei Fronten: Er will Linda vor der Gosse und ihrem Zuhälter retten, um aus ihr doch noch eine gute, verantwortungsbewußte Frau und Mutter zu machen, und er will seine eigene Ehe retten, denn die zickige Gattin, eine ehrgeizige Galeriebesitzerin, wandelt ihrerseits auf Abwegen. Doch nach etlichen Verzwickungen und Stressmomenten winkt ein frohes Ende (Lenny und Frau versöhnen sich, und Linda findet ihren soliden Mann), und der griechische Chor, der das menschliche Treiben mit Entrüstung und bangem Mitgefühl verfolgt, darf eine flotte Sohle aufs Parkett des alten Tempels legen. Eine gute Idee übrigens, das mit dem Chor, der auf witzige Weise die erhabene, klassische Sprache des antiken Dramas mit den Banalitäten des modernen, amerikanischen Alltags mischt. Natürlich ist das alles sehr nett und gut gemeint, aber wen stört's, wenn die Gags so zahlreich und schnell wie früher kommen und Woody es schafft, überflüssige Seitensprünge und Durchhänger, unter denen viele seiner jüngeren Filme leiden, zu vermeiden. In seiner kleinen, heilen Version von NYC siegt noch das Wort gegen die Muskelkraft und die Macht des Zufalls gegen das Gesetz der Straße. Wen das nach wie vor stört, der sollte sowieso keine Woody-Allen-Filme sehen, zumal die ja auch gar nicht behaupten, ein realistisches Stadtbild geben zu wollen. Und wen das, wie mich, nicht weiter juckt, der wird diesmal wieder ungetrübten Spaß haben und sich auch darüber freuen, daß Woody wenigstens ab und an mal eine Comedy in bewährter Güte rausbringt, die dann die flaueren Sachen vergessen macht. (21.8.)