"The full Monty" (Ganz oder gar nicht) von Peter Cattaneo. England, 1996. Robert Carlyle, Tom Wilkinson, Mark Addy, Paul Barber, Leslie Sharp
Andere Länder, andere Sitten. In Zeiten der globalen Krise lassen die Amis ihre Superhelden einmal mehr gegen außerirdische Invasoren in den Gefechtsstand treten, oder wenigstens Contact zu ihnen aufnehmen, suhlen sich also wie gewohnt in Eskapismus pur. Die Brits dagegen haben offenbar beschlossen, sich, auch einmal mehr, der Misere offen zu stellen und ihr mit bewährt schwarzem Humor zu begegnen. Weder die einen noch die anderen können den Lauf der Dinge ändern, doch scheint mir die britische Art der Bewältigung ungleich sympathischer, ehrlicher, origineller. Und billiger sowieso.
Diese Geschichte führt uns, wie schon 'Brassed Off' nach Yorkshire, diesmal allerdings ins schöne Sheffield, einst die blühende Stahlmetropole der Region, nun ein verkommenes, verarmtes, verdrecktes Industriekaff. Die Leute dort fristen ein recht trostloses Dasein, dem eine Komponente gemeinsam ist: Arbeitslosigkeit. Allerdings mit verschiedenen Schattierungen: Der eine will sich umbringen, der andere hat resigniert und frißt sich voll, wieder ein anderer bemüht sich ernsthaft um einen Job, weil seine Frau nichts mitkriegen darf. Und Gaz kämpft um das gemeinsame Sorgerecht für seinen Sohn, weswegen er dringend Kohle braucht. Nach einigen gescheiterten Anläufen kommt ihm endlich die Eingebung: Warum nicht eine Truppe von Gleichgesinnten zusammentrommeln und als Männerstripper auftreten?
Der Film beschreibt nun den abenteuerlichen Weg bis hin zum ersten (und vielleicht einzigen), triumphalen Auftritt der sechs Unerschrockenen, und er tut das so hinreißend komisch, daß man wirklich in jedem Moment einen Heidenspaß dabei hat. Ohne jemals den Blick vom sozialen Milieu und seinen düsteren Realitäten abzuwenden, bezaubert er durch seinen warmherzigen, ironischen, skurrilen und alles in allem wunderbar britischen Humor, der immer wieder neue, überraschende Situationen bereithält und eine breite Palette an Umgehensweisen von Mann zu Mann und auch zwischen den Geschlechtern bietet. Mal kommen die Gags auf breiter Front daher, dann wieder als kleines Detail am Rande, mal derb und physisch, dann wieder auf verbaler Ebene, immer alles in bester Mischung und großartiger Präsentation durch die Schauspieler. Wegen mir können die Brits noch Dutzende solcher Schätzchen machen, immer noch hundertmal besser als alle Men in Black oder Travoltas und Gibsons und Fosters und Fords in irgendwelchen schwülstigen patriotischen Seifenopern. Wie gut, daß es tatsächlich noch Alternativen gibt. (11.11.)