"Still Crazy" (#) von Brian Gibson. England, 1998. Stephen Rea, Juliet Aubrey, Bill Nighy, Jimmy Nail, Timothy Spall, Bruce Robinson, Helena Bergström, Billy Connolly
Einst in den frühen Siebzigern, in jener fatalen Epoche also da Uriah Heep und Mott the Hoople die Welt regierten (Gott steh uns bei!), galten Strange Fruit als kommender Act, und wenn sie nicht von Drogenproblemen zernagt worden wären und ihnen nicht ein Blitzeinschlag ausgerechnet einen wichtigen Festivalgig vermasselt hätte, wer weiß, was aus ihnen hätte werden können. Fünfundzwanzig Jahre und etliche Revivals später versuchen es die alten Säcke nochmal: Die einen verkaufen Kondome auf Ibiza, andere reparieren Dächer, wieder andere verscherbeln gerade ihre Villa. Traumkarrieren haben sie also nicht gerade gemacht. Die Tage des Rock'n Roll sind gezählt, aber der Rubel lockt nochmals und so werden sie von einem zweifelnden Manager zunächst auf Tour durch Hollands Hinterhöfe geschickt. Das sieht zwar zunächst nicht gerade nach einem glorreichen Comeback aus, zumal die alternden Herren natürlich alle möglichen Problemchen auszutragen haben, aber wie heißt es so schön im Business: Der Weg ist lang und steinig...
Ein Film, der recht schwerfällig in die Gänge kommt, weder besonders komisch, noch schön nostalgisch, noch sonst irgendwie britisch amüsant, der aber dann, so nach zwanzig Minuten, doch zu seinem Rhythmus findet und bis zum Schluß so richtig schön wird. Natürlich liegt mir auch das Thema am Herzen, die Hommage an die guten (guten???) alten Siebziger, an vernebelte Happenings in Druidenkreisen, wallende Mähnen, glitzernde Kostüme, reichlich blödsinnige Exzesse (weswegen Gott der Herr dann auch die Sex Pistols erfand), verregnete Festivals und an geniale Künstler, die entweder gleich den Löffel abgaben, oder aber sich verstört und halb debil ins innere Exil flüchteten, so wie der Gitarrist und Komponist von Strange Fruit, der für tot gehalten und erst ganz am Ende wiedergefunden wird, um rechtzeitig zum Finale die Gitarre umzuhängen und mit den anderen Jungs die Magie wiederaufleben zu lassen. Die einzelnen Musiker werden zu schön knorrigen Typen herausgeformt (der bierselige, vierschrötige Drummer, der törichte, eitle Sänger, der grimmige, realistische Bassist oder der vermittelnde, verbindliche Organist), der Humor hört beizeiten auf, platt zu sein und macht einer liebevollen und einigermaßen tiefgehenden Betrachtungsweise Platz, sodaß Lebenskrisen nicht unbedingt wie Lachnummern aussehen, sondern eher wie tragikomische Einbrüche tragikomischer Existenzen. (Einbruch ist in diesem Fall holländisch, also wörtlich zu verstehen.) Das Gefühl des Regisseurs, man merkt es deutlich, gehört den alten Knackern, die nebenbei bemerkt einen soliden, etwas schwerfälligen Heavyrock im Stil der Zeit fabrizieren, nicht aufregend, aber welche Mainstreammusik aus jenen Tagen war das schon. Ich war's jedenfalls zufrieden und bin mir sicher, daß man diese Story zehnmal platter und liebloser hätte hinwursteln können, aber gottseidank waren Schauspieler mit Format am Werk und das echt britische Gefühl für Rock und den Lauf der Zeit hat seine Marke hinterlassen. Hoffentlich lassen sich nun aber nicht viele Bands von dieser Story inspirieren, denn so glücklich, darauf kann man wetten, geht das nur im Kino aus. (22.4.)