"Mansfield Park" (#) von Patricia Rozema. England/USA, 1999. Frances O'Connor, Embeth Davidtz, Alessandro Nivola, Johnny Lee Miller, Harold Pinter, Victoria Hamilton, Lindsay Duncan, James Purefoy

"Emma", "Sense and Sensibility" und "Mansfield Park" haben eines gemeinsam: Sie sind sämtlich nach Roman von Jane Austen entstanden. Und sie haben noch eins gemein: Sie sind sämtlich hervorragende Filme geistreich, witzig, romantisch, unterhaltsam, kurz beste Unterhaltung, nur eines sind sie gewiß nicht: Adäquate Jane-Austen-Verfilmungen. Sie ziehen es vor, der Zeit des frühen 19. Jahrhunderts vor allem idyllische und fotogene Schauwerte abzuringen, in herrlich bunten Bilder und schön nostalgischer Musik zu schwelgen und nur gelegentlich einen genaueren Blick auf gesellschaftliche Strukturen, auf Geschlechterrollen, vor allem die Rolle der Frauen, auf die Klassengesellschaft und dergleichen mehr zu werfen. Sie treffen auch nur selten Jane Austens Ton, jene Mischung aus feinem Humor, spitzer Satire, nüchterner Betrachtung und amüsierter Schilderung amouröser Ränkespiele. Puristen und Literaturwissenschaftler müßten hierüber entrüstet die Nasen rümpfen und diese Produkte als verwerflich kommerzielle, banalisierende Machwerke abtun. Und sie hätten zum Teil recht. Der Kinofreund allerdings erkennt, daß Leute wie Ang Lee und Patricia Rozema vor allem glänzende Stilisten sind und jederzeit ein Fest für Auge und Ohr zelebrieren können, und das ist ja auch schon etwas.

 

Genau dies ist "Mansfield Park" nämlich - ein reines Fest für Auge und Ohr, so richtig zum Eintauchen, vollsaugen, sattsehen und sich nachher zufrieden und behaglich im Hier und Jetzt wiederzufinden. Die wechselvolle, melodramatische Geschichte der Fanny Price, die den Slums von Portsmouth entkommt und in die morbide Gesellschaft ihrer Verwandten auf Mansfield Park eingeführt wird, wo sie gleichzeitig die unterschiedlichen Formen der Liebe kennenlernt und erst nach reichlich Irrungen und Wirrungen den Mann ihres Herzens dingfest machen kann. Natürlich erfahren wir auch hier, daß Heirat damals vor allem finanziellem Kalkül und weniger menschlicher Neigung entsprang, und daß Freuen massiv gezwungen waren, ökonomische Aspekte in den Vordergrund zu stellen, sich also eine gute Partie an Land zu ziehen, um eine halbwegs sichere und akzeptable Zukunft zu haben. Aber sonst interessiert sich Rozema hauptsächlich für das Erotische, Romantische, für die Wege der Liebe, und sie inszeniert dies mit derartigem Gefühl und derartiger Intensität, daß es schon beachtlich ist. Dabei macht sie aus ihren persönlichen Neigungen keinerlei Hehl - die Männer sind sämtlich blasse, uninteressante, irgendwie unattraktive Figuren, während Frances O'Connor und Embeth Davidtz in voller, hinreißender Schönheit erstrahlen und von der Kamera gebührend liebkost werden. Eine Sinnlichkeit, die sich höchst direkt und wundervoll mitteilt und die eigentliche Attraktion dieses sehr schönen Films ausmacht. Wie gesagt - Jane-Austen-Fans werden nicht unbedingt auf ihre Kosten kommen, aber Freunde eines niveauvollen, üppigem, delikaten Unterhaltungsfilms umso mehr. Da muß man sich von Fall zu Fall halt mal entscheiden. (9.8.)