„Brother“ (#) von Takeshi Kitano. Japan/USA, 2000. Takeshi Kitano, Omar Epps, Claude Maki, Masaya Kato, Susumu Terajima, Royale Watkins, Ren Osugi
Yamamoto, ein Yakuza alter Schule, muß Tokyo verlassen, weil ihm dort ein wenig der Boden unter den Füßen brennt. Er kommt nach Los Angeles zu seinem jüngeren Halbbruder, der eine kleine Dealergang leitet. Flugs übernimmt Big Brother die Geschäfte und binnen kurzem hat er eine mächtige Mafias aufgebaut, die sich nur noch mit den Italos zu messen hat. Die allerdings sind ihnen dann doch eine Nummer zu groß und am Schluß sind dann alle tot.
Ein mehr als zwiespältiger Film, der die Erwartungen, die man gewöhnlich mit Kitanos Namen verbindet, weitgehend enttäuscht. Die unkonventionelle Mischung aus höchst lakonischer Darstellung, explosiven Gewaltausbrüchen und poetischen Momenten hat diesmal nicht funktioniert – nur die Lakonie und die Gewalt sind geblieben und besonders Letzteres. Im Grunde passiert nicht viel, nur werden fast pausenlos irgendwelche Leute niedergemetzelt, bis sich nur noch die (bezeichnenderweise ziemlich stark vertretenen) Gewaltfetischisten im Publikum daran freuen konnten. Der Rest schaltete ein wenig beklommen ab und ließ die Blutorgie über sich ergehen, vielleicht bis zuletzt in der Hoffnung auf irgendetwas, das darüber hinaus weisen könnte. Aber Kitano läßt uns hängen, gefällt sich in der Pose des einsamen Vertreters alter japanischer Kultur, der mit lächelndem, selbstmörderischen Fatalismus sein blutiges Spiel bis zur bitteren Konsequenz spielt und gleichzeitig all seien Mitstreiter in den Tod reißt. Vor dreißig, fünfunddreißig Jahren war diese als besonders männlich mißverstandene Haltung in Westernfilmen à la Peckinpah schwer in Mode, doch irgendwie hat sich das bis heute ziemlich überlebt, wirkt antiquiert bis hin zur Lächerlichkeit (genau wie damals schon!). Es hat keinen Sinn, über Werte und deren Verfall zu sinnieren, wenn rechts und links nur massakriert wird, und außerdem gibt sich Kitano sowieso wenig Mühe, die dünne Geschichte mit etwas Substanz anzureichern. Stattdessen gibt es höchst ungute Töne von Machismo und Rassismus, gibt es klischeehafte Chicanos, Schwarze und Italos, die es verdienen zu sterben, weil sie sich ständig abfällig über die Japse äußern. Daß Yamamoto mit seinem Gewalttrip am Schluß scheitert, macht ihn um so heroischer, läßt ihn in die Reihe all jener wortkarger, harter Männer treten, die für ihre Prinzipien starben, sich selbst treu blieben bis in den Tod. Nur ganz vereinzelt gelingen Kitano Szenen von stillem, groteskem Humor, die seine sonstigen Filme aus der Masse herausheben, und diesmal ist das ganz klar zu wenig. Nach zwei Stunden fast pausenlosen Blutvergießens war ich jedenfalls reichlich bedient und war froh, als das Spektakel vorüber war. Hoffentlich findet Kitano demnächst seine alte Form wieder. (11.2.)