„Les rivières pourpres“ (Die purpurnen Flüsse) von Mathieu Kassovitz. Frankreich, 2000. Jean Reno, Vincent Cassel, Nadia Farès, Jean-Pierre Cassel, Dominique Sanda
Irgendwo ganz abgelegen in den französischen Alpen tummelt sich ein grausamer Killer, der im Umfeld einer autark angelegten Eliteuniversität sadistische Ritualmorde begeht. Ein erfahrener Bulle aus Paris ermittelt. Nicht weit davon wird das Grab eines vor Jahren zu Tode gekommenen Mädchens geschändet. Ein Bulle aus der Gegend ermittelt ebenfalls, stellt sehr bald fest, daß dieser Fall größere Kreise zieht, und plötzlich findet sich auch er in besagter Universität ein, Seite an Seite mit dem Rauhbein aus der Hauptstadt, der über den jungen Draufgänger alles andere als froh ist.
Nun könnte man sich behaglich im mitternächtlichen Kino zurücklehnen und voll Genuß einen aufregenden, gruseligen, klassischen Thriller anschauen, komplett mit hochklassigen Schauspielern (denn die gibt es), einem peppigen, witzigen Männerteam (das gibt es auf jeden Fall), beeindruckender Naturkulisse (die gibt es auch) und viel Action und Spannung (von beidem gibt es reichlich genug). Daß ich dennoch nicht recht glücklich mit alledem war, liegt an zwei Dingen: Zum einen an dem furchtbar idiotischen, grotesk überzogenem und lachhaft unglaubwürdigen Schluß, bei dem man tatsächlich für kurze Zeit annehmen muß, der Film wolle sich über sich selbst lustig machen, und der jedenfalls sehr viel Stimmung einfach verdirbt. Zum anderen liegt das an Kassovitz‘ mangelndem Gespür für gutes Timing, denn davon ist hier fast nichts zu sehen. Von Beginn an geht es sehr laut zu, atemlos, in dröhnendem Tempo wird die Handlung vorwärts gepeitscht, eine stets in rasanter Bewegung befindliche Kamera (was ich persönlich schon mal überhaupt nicht schätze), eine ständig bedrohlich dräuende Musik (was ich noch weniger schätze) und aufdringliche Geräuscheffekte sollen wohl die Konzentration des Publikums fesseln. Vor lauter Eifer und Sensationshascherei werden aber die ruhigen, unbedingt nötigen stillen Momente bis auf einige wenige fast vergessen, und vor allem geht darüber letztlich die Glaubwürdigkeit der gesamten Story baden. Konnte man zu Anfang die düsteren Geschichten über Eugenik, die Züchtung einer Geisteselite mit Nazimethoden und dergleichen noch mit einigem guten Willen hinnehmen, so gerät alles zunehmend aus den Fugen, wird hastig zu Ende gebracht (oder eben nicht) und mündet in jenes abstruse Finale auf dem Gletscher, das die ganze Vorarbeit in wenigen Minuten pulverisiert. Schade drum und schade auch um meine Vorfreude, denn ich hatte tatsächlich einiges mehr erwartet als dieses übertrieben lärmende Produkt, das zudem zu oft an Computermachwerk erinnert, und das ist bei solch starken Leuten wie Reno und Cassel ja eigentlich ganz und gar überflüssig. (23.4.)