„Marsal“ (Maschall Titos Geist) von Vinko Bresan. Kroatien, 1999. Drazen Kühn, Linda Begonja, Ivo Gregurevic, Boris Buzancic, Ilija Ivezic
An dem Tag, da zum ersten Mal die Erscheinung vom Geist des toten Tito auf der kleinen kroatischen Adriainsel auftaucht, verändert sich das Leben aller Bewohner gründlich: Die alte Kommunistengarde schickt sich an, das Ruder der Macht wieder zu ergreifen, und es bedarf gehöriger Anstrengungen eines höchst skurril zusammengewürfelten Häufleins, um das Unheil knapp abzuwenden und die Weichen wieder in Richtung Freiheit zu stellen.
Eine zumindest teilweise genial verrückte, respektlos freche Satire, wie sie eigentlich nur vom Balkan kommen kann: Der schiere Wahnsinn, alles haarscharf am Abgrund, immer auf der Kippe, ein zugleich haarsträubend komisches und verzweifelte Zerrbild einer Welt, die im wahrsten Sinne des Wortes total aus den Fugen geraten ist. Und folglich trifft man auch hier auf merkwürdige Gestalten, wohin man blickt, auf starrköpfige, vernagelt reaktionäre, debile Alte, auf spinnerte, grasrauchende Junge, auf einen Doppelgänger Titos und auf einen Kult, der jederzeit zum Leben erweckt und sogar touristisch ausgeschlachtet werden kann. Ansonsten wird hauptsächlich sehr viel grober Unfug mit den wichtigsten Ikonen der alten kommunistisch-nationalistischen Identität getrieben, nämlich mit der Internationalen und der Person Titos, ihren tief verwurzelten Gesten und den ganzen markigen Reden und Sprüchen, die längst zum kollektiven Gedächtnis, sozusagen zur allgemeinen Folklore gehören und die jeder einzelne Dorfbewohner nach Belieben memorieren kann. In seinen besten Momenten glänzt der Film durch seine Mischung aus slapstickhafter Groteske und bissiger Politposse, doch sollte man auch die zeitweiligen Durchhänger nicht verschweigen, die sich vor allem in der zweiten Hälfte zutragen und förmlich nach Straffung oder Kürzung schreien. Das ist nicht weiter schlimm, hätte aber dennoch um fünf bis zehn Minuten gerafft werden können, und schwupps wäre der Gesamteindruck ein noch besserer geworden. So aber vergnügt man sich mit bestens gelaunten Darstellern, einer flotten mediterranen Musik, stimmungsvollen Bildern einer zauberhaften Gegend und der neuerlichen Gewißheit, daß da hinten auf dem Balkan zwar fast alles zusammengebrochen sein mag, nicht jedoch die Fähigkeit, gutes, witziges, anspruchsvolles und vor allem vielsagendes Kino zu machen. Selten zwar, aber immerhin. (4.10.)