Beste Zeit von Marcus H. Rosenmüller. BRD, 2007. Anna Maria Sturm, Rosalie Thomass, Ferdinand Schmidt-Modrow, Florian Brückner, Andreas Giebel, Johanna Bittenbinder
Kati und Jo sind sechzehn und beste Freundinnen und fahren nachts gern heimlich in Papis Bulli raus auf die Wiese und gucken den Flugzeugen und den Sternen und dem Mond und der Sonne zu und schwören sich ewige Freundschaft und ein Leben voll Leidenschaft und Abenteuer. In der Realität ist das mit den Abenteuern natürlich milieubedingt ein wenig unglamourös – Katis Mike ist ein typischer Depp, der sich nicht so recht zwischen ihr und den Fußballkumpels entscheiden mag, Rocky, ein weiterer Verehrer würde alles für sie tun, kann aber als Kerl nicht ernst genommen werden, zuhause gibt’s ständig Zoff mit Mama und Papa (man ist sechzehn, nicht zu vergessen!), und dann ist da noch die bange Frage, ob sie für ein Jahr zum Austausch in die USA fliegen oder lieber dahoam bleiben soll, wo das Herz ist.
Nach dem fulminanten Erfolg „Wer früher stirbt, ist länger tot“, setzt Rosenmüller diesmal nicht auf skurrile Gaudi, sondern erzählt eine liebevolle Pubertätsgeschichte, natürlich wieder tief im oberbayerischen Land verwurzelt, und wer selbst eine Tochter in dem furchtbaren Alter besitzt, findet sich allein deswegen in vielen Szenen schmerzhaft deutlich wieder. Die wilde Sehnsucht nach Freiheit und dem großen, wahren, tiefen Gefühl kontrastiert mit der Enge des heimatlichen Horizonts zwischen Bauernhof, Bolzplatz und Dorfdisko, wo Mama und Papa zwar lieb sind aber im Grunde null Verständnis haben für den Drang der Hormone, und wo auch die Kerle einfach noch nicht so weit sind, einem Mädchen das zu bieten, was es will (wenn es denn wüsste, was es will...). Kati, unbändig und unangepasst und die etwas stillere Jo sind die beiden Freundinnen, die sich aneinander festhalten und sich alles anvertrauen können, eben solche Freundinnen, die man braucht, wenn einen sonst niemand versteht. Rosenmüller zeigt die beiden mit sehr viel Zärtlichkeit und Sympathie, ohne dabei die anderen Beteiligten zu vernachlässigen oder gar zu verteufeln, denn sie alle durchleben einfach eine komplizierte, konfliktreiche und von Launen dominierte Zeit, die ausgestanden werden muß, bis alle wieder vernünftig geworden sind und miteinander reden können. Mama und Paps stellen sich dabei nicht geschickter an als alle Mamas und Papas vor und nach ihnen, die Töchter nehmen sich das Privileg, ihre Befindlichkeit zum Zentrum des Universums zu machen, und die Buam hecheln deppert und hilflos hinterher und kriegen einfach nix mit, genau wie immer. Dazu gibt es wunderbare Bilder aus der Alpenprovinz, schweren Akzent, hundertprozentig echten Lokalkolorit, kauzigen Humor, aber eben nicht so zum Brüllen wie beim letzten Film, und wenn ich überhaupt mal das hässliche Wort des „Wohlfühlfilms“ im Munde führen soll, dann hier in diesem Fall, denn mein Mitstreiter und ich traten nach neunzig Minuten in die winterliche Abendluft und fühlten uns einfach rundum wohl, zumal Rosenmüller auch die schleimige Ranschmeiße vermeidet, die einen herkömmlichen und von der Werbung so angepriesenen „Wohlfühlfilm“ zumeist ruiniert. Fazit: Passt scho! (20.11.)