Bordertown (#) von Gregory Nava. USA, 2006. Jennifer Lopez, Maya Zapata, Sonia Braga, Antonio Banderas, Martin Sheen, Juan Diego Botto, Kate de Castillo
Und noch mal Hollywood und die sprichwörtlichen “heißen Eisen”: Diesmal verschlägt’s Jlo alias Lauren aus Chicago in die mexikanische Grenzstadt Juárez, wo die ehrgeizige Reporterin den Tod mehrerer Fabrikarbeiterinnen recherchieren soll. Sie trifft auf eine alte Flamme, den Ex-Kollegen Antonio Banderas, der ihr kurz mal die Perspektive zurechtrückt, indem er ihr klarmacht, dass hier nicht von einigen Dutzend ungeklärter Vergewaltigungen und Morde die Rede ist sondern von mehr als fünftausend. Da muß die coole Tussi aus dem Norden zum ersten Mal kräftig schlucken, und als sie dann ein Mädchen namens Eva kennen lernt, das einen dieser barbarischen Überfälle überlebt und sich nun schwer traumatisiert vor den Mördern verstecken muß, ergreift sie endgültig Partei für die Frauen, die allesamt in riesigen Fabriken arbeiten, die hier im Grenzgebiet günstige Bedingungen für gute Geschäfte vorfinden, denn ein Freihandlesabkommen mit den USA garantiert niedrige Steuern und einen generösen Behördenapparat, der nicht so genau hinsieht, wenn ab und zu mal ein Scheinchen herüberfließt, und dem all die zahllosen Frauen rein gar nichts bedeuten, weshalb sich auch niemand sonderlich für die Aufklärung der bestialischen Taten engagiert, zumal die Täter offenkundig zum Teil in höheren Wirtschafts- und Gesellschaftskreisen zu suchen sind. Als dann die beiden Pressefritzen anfangen, aufdringlich und insistierend zu werden, geraten sie folgerichtig in Gefahr - Antonio Banderas bezahlt mit seinem Leben, während Jlo selbst knapp davon kommt und Eva schließlich doch vor Gericht aussagen kann, was aber auf lange Sicht nichts hilft, denn die Morde gehen weiter und die oberen Zehntausend schließen einfach ihre Reihen.
Das ist also schon eine reichlich krasse Geschichte, die hier verhandelt wird, und sie ist um so krasser, als sie auf wahren Begebenheiten beruht. Das Grenzgebiet erscheint hier als vollkommen rechtsfreie Zone, in der Frauen Freiwild für Mörder und Vergewaltiger sind und in der sie außerdem nur noch Nutzvieh für die Fließbänder sind, an denen sieben Tage in der Woche rund um die Uhr produziert wird, zumeist Elektroartikel für die feine Welt im Norden. Oft genug sind diese jungen Frauen zusammen mit ihren Familien von Großgrundbesitzern oder Grundstücksspekulanten aus ihren ursprünglichen Gebieten vertrieben worden und siedeln sich nun in diesen künstlich aufgeblähten Ortschaften an, weil es sonst keine Chance auf Arbeit gibt. Juárez und Chihuahua sind zu monströsen Wirtschaftszentren und Vergnügungsparks geworden, in denen das Gesetz praktisch käuflich ist und die Opfer weder eine Lobby noch irgendeine Bedeutung haben. An manchen Stellen macht Gregory Nava schon eine entschieden klare Aussage auch gegen die rücksichtslose Wirtschaftspolitik der USA, die nur auf Profite und günstige Arrangements schaut und die auf Menschenrechte und Gesetz einen Dreck gibt. So wird jeder Versuch, die Wahrheit offen zu sagen und aufzuklären, notfalls mit Gewalt unterbunden, und die USA nehmen diese Verhältnisse billigend in Kauf, weil sie ihrem Zweck dienen. Dies hätte also durchaus ein böser, herber Politthriller werden können, ist es aber doch nicht geworden, weil er sich letztlich zu stark in Hollywoodkonventionen verheddert und uns vor allem eine Protagonistin anbietet, der man ihre Betroffenheit einfach nicht abkauft. Lopez ist als Schauspielerin einfach zu schwach und blaß, zu ausdrucksarm, ihr fehlt jede Intensität, jede Glaubwürdigkeit, jedes Charisma. Vielmehr stellt sie ihre glatte Physis und ihre körperliche Fitness zur Show und behauptet, sich zu wandeln von der karrieregeilen oberflächlichen angepassten Amizicke hin zur mitfühlenden, engagierten, selbstlosen Frau mit Latinowurzeln, denn spät im Film enthüllt sie ihrem Boß und uns, dass auch sie von armen mexikanischen Eltern abstammt, die einst ermordet wurden und auch keine Chance auf Gerechtigkeit hatten. Diese Offenbarung wirkt wie eine hastig und verspätet nachgereichte Legitimierung, vielleicht weil Nava aufgegangen war, dass der plötzliche Einsatz der smarten Dame ohne tieferes Motiv ein wenig unplausibel wirkt. Leider wird aber sonst zu wenig unternommen, um uns Lauren oder ihren Mitstreiter näher zu bringen. Auch Banderas kann kaum überzeugen, hat aber zugegeben auch fast nichts zu tun, während Maya Zapata als Maria den eigentlichen human touch des Films ausmacht. Manchmal wird’s ordentlich spannend, manchmal auch sehr bedrückend, und die deutlichen politischen Anklagen findet man so in US-Filmen wahrlich nicht häufig, doch droht Nava allein mit der Wahl seiner Hauptdarstellerin seine eigenen Absichten zu sabotieren, denn selbst beim besten Willen kann und will ich JLo als dramatische Schauspielerin nicht ernst nehmen. Schade auf jeden Fall – irgendjemand anders in dieser Rolle und es hätte ein völlig anderer, besserer Film werden können. So ist es Konfektion mit interessantem Ansatz geworden – aber das kennen wir ja schon. (28.2.)