Schwesterherz von Ed Herzog. BRD, 2007. Heike Makatsch, Anna-Marie Mühe, Stefan Urzendowski, Ludwig Trepte, Marc Hosemann, Esther Zimmering

   Anne arbeitet im Musikbusiness ist Anfang Dreißig, zickig, aggressiv, angespannt, ständig online oder am Handy, halb unglücklich mit ihrem Freund aber schwanger, weswegen sie schon einen Abtreibungstermin hat, und nun hat sie ihrer fünfzehn Jahre jüngeren Schwester Marie zur Volljährigkeit einen Urlaub in Benidorm geschenkt. In diesem Alptraum aus Beton tasten sich die beiden langsam aneinander heran, doch als sie zwei Jungs kennen lernen, gerät ihre unsichere Zweisamkeit zusehends ins Rutschen und schließlich kommt es zum offenen Streit, nach dem Marie von einem Auto angefahren und verletzt wird. Dieser Schock hilft Anne vielleicht ein wenig, wieder näher zu sich selbst zu kommen, jedenfalls schickt sie ihren Freund gleich nach ihrer Rückkehr in die Wüste, und es sieht so aus, als wolle sie auch ihr übriges Leben neu sortieren.

 

   Eine sehr hübsch gestylte kleine Familienkiste, geschrieben unter anderem von Heike Makatsch, und die hat daraus leider so etwas wie eine Solonummer für sich selbst gemacht, was mir von der Gewichtung her nicht ganz so gut gefallen hat. Im Ganzen ist der Film ein bißchen zu sehr an der Oberfläche, soll heißen, die beiden Schwestern, vor allem aber Marie, bleiben uns relativ fern, und manches Mal wären mir ein paar private, intime Momente mit den beiden lieber gewesen als das Geplänkel mit den Jungs. Wir erleben Anne als eine frustrierte, auf tough gepolte Frau mit viel Fassade und ebenso viel Leere dahinter. Immerhin ist sie sich dieser Leere in manchen Momenten bewusst (vor allem wenn sie gesoffen hat), nur leider kriegt sie es nicht hin, ihrer kleinen Schwester gegenüber etwas offener und ehrlicher aufzutreten. Die Unsicherheit zwischen den beiden wird sehr gut gespielt (überhaupt spielen Makatsch und Mühe natürlich sehr gut) und auch wie Anne diese Unsicherheit mit autoritärem, arroganten oder betont aufgekratzten Verhalten zu überspielen versucht, ist recht überzeugend. Als es um die Jungs geht, kommt auch noch sexuelle Rivalität ins Spiel, denn die beiden interessieren sich viel eher für die gleichaltrige Marie als für Anne, die den einen nur im Vollrausch zum Beischlaf kriegt, was auch kein toller Erfolg wird. In ihrem Tagebuch, das Anne heimlich liest, beschreibt Marie ihre ältere Schwester ziemlich genau, sie sagt, dass sie sich manchmal wie die Ältere, Erwachsene vorkommt und ihr das Bild der Frau um die Dreißig, so wie Anne es repräsentiert, Angst macht. Insgesamt ist der Ton des Films eher gedrückt und wenig düster, was auch durch die zum Teil brillanten Bilder unterstrichen wird, die in bleichen, digitalen Farben sowohl den schaurigen Touristenbunker am Mittelmeer als auch die beiden charismatischen Damen einfangen und wenigstens für viel Atmosphäre sorgen, wenn das Drehbuch wie gesagt hier und da weniger hergibt als wünschenswert gewesen wäre. Alles in allem ein netter Versuch, aber doch eher fürs Kleine Fernsehspiel geeignet als für die Kinoleinwand. Wie heißt es so schön – learning by doing... (6.9.)