Je vous trouve très beau (Sie sind ein schöner Mann) von Isabelle Mergault. Frankreich, 2006. Michel Blanc, Medeea Marinescu, Wladimir Yordanoff, Eva Darlan

   Aymé ist Landwirt und sein Interesse gilt eher der Arbeit und den Tieren als den Menschen, beispielsweise seiner Frau. So ruft ihr Tod nach Elektroschock durch eine defekte Melkmaschine auch nur insofern Betroffenheit bei ihm hervor, als er nun niemandem mehr hat, der ihm auf dem Hof helfen kann – Kinder hat er natürlich keine, denn wozu soll man sich nörgelnde und quengelnde Ratten ans Bein binden, die obendrein zu nichts nütze sind? Nach kurzer „Trauerphase“ („Vorsicht, ich stehe noch immer unter Schock!“) wendet Aymé sich an eine Heiratsagentur, wo er sich als Einzelgänger und Misanthrop ohne irgendwelche tieferen Wünsche oder Interessen outen muß, weswegen im die praktisch veranlagte Madame bald ein Video mit rumänischen Mädchen vorspielt. Diese Mädchen lieben alle Frankreich und die französischen Männer und wollen Models oder Tänzerinnen oder dergleichen werden, und obgleich Aymé klarstellt, dass er nur eine Hilfe auf dem Bauernhof sucht, lässt er sich zu einem Flug nach Bukarest überreden. Dort erkennt die wache Elena als einzige, worauf es dem kleinen Glatzkopf ankommt, sie poliert ihr image spontan und kann Aymé davon überzeugen, es wenigstens mal mit ihr zu versuchen. Er nimmt sie mit nach Hause, bringt sie bei Freunden und Nachbarn als Praktikantin und Tochter des Bruders der Patentante undsoweiter unter, und muß nun probieren, mit der lebhaften, hübschen jungen Frau zurechtzukommen, die ihrerseits vor allem an ihre Tochter daheim denkt und daran, dass sie eigentlich eine Ballettschule eröffnen möchte und sobald wie möglich wieder zurückfliegen will.

 

   Daß dies eine Geschichte mit Happy End ist, weiß man natürlich sofort, das macht aber gar nichts, denn trotzdem oder gerade deswegen ist dies ein zauberhaft schöner und witziger Liebesfilm, hundertprozentig französisch einerseits und ein bisschen ironisch Multikulti auch. Das Leben in der ländlichen Provinz wird liebevoll auf die Schippe genommen, die zumeist etwas sturköpfigen und einfältigen, dabei aber keineswegs dummen Bauersleut mit ihren interessanten Aktivitäten ( das “Fest des schwersten Kaninchens“ oder dergleichen) und die ganz spezielle Nachbarschaft, eine Mischung aus gnadenloser sozialer Kontrolle und auch Solidarität, wenn’s denn sein muß. Aymé betrachtet dieses Leben, so scheint es jedenfalls, einzig nach pragmatischen, wirtschaftlichen Gesichtspunkten, eine menschliche, emotionale Ebene scheint bei ihm gar nicht vorgesehen, er präsentiert sich anfangs als notorischer Quengler und Griesgram, der an allem und jedem etwas auszusetzen hat und von so etwas wie Lebensfreude keinerlei Ahnung zu haben scheint. Natürlich verfolgt der Film ein sehr bekanntes und häufig angewendetes Schema: Als Elena auf den Plan tritt, wissen wir sofort, dass sie es sein wird, die dem sturen Holzklotz etwas Lebensart beibiegt, die seine ruppige Fassade aufbricht und ihn dazu bringt, sich auch über andere Dinge Gedanken zu machen als über seine Hühner und Kühe (“Kauf dir nie eine defekte Melkmaschine!“), und genauso wissen wir, dass er es am Ende sein wird, der sich nach ihr sehnt und sich innigst wünscht, sie würde zu ihm zurückkehren. Wie das aber gemacht ist, zeichnet den Film aus, nämlich mit sehr viel Charme und Witz und Herz. Michel Blanc ist toll als Aymé, er bringt seine allmähliche Wandlung wunderbar rüber, auch seine Unbeholfenheit im Umgang mit der Welt einer jungen Frau, die ihm in jeder Hinsicht völlig fremd ist, oder auch mit Dingen wie Zärtlichkeit und Sex, die bislang für ihn keine Rolle spielten („Mit mir schlafen? Ja, wozu denn das?“) Er braucht seine Zeit, bis er erkennt, dass Elena eigentlich ganz andere Pläne hat als er, doch letztlich ist er sogar bereit, ihr für die Realisierung ihres Traums sein gesamtes Erspartes zur Verfügung zu stellen, und erst diese Geste lässt auch sie erkennen, dass er sie liebt. Medeea Marinescu ist ebenso toll als Elena, zunächst hauptsächlich angetrieben von Berechnung und dem unbedingten Wunsch, dem postsozialistischen rumänischen Elend irgendwie und mit allen Mitteln zu entkommen, wofür man absolutes Verständnis hat, und auch dafür, dass sie sich vom Leben noch anderes verspricht, als für diesen Grummelkopf den Haushalt zu machen und die Tiere zu versorgen. Und weil unser Verständnis und unsere Zuneigung im Grunde beiden Protagonisten gilt, ist der Film auch so schön. Obendrein gibt’s viel stimmungsvolle Impressionen vom Land, ein paar nette Seitenhiebe auf deutsche Kulturklischees (Schäferhund, BMW, Würstchen und Sauerkraut, und flugs wird Bukarest zu Hannover umfunktioniert und für die Lieben daheim passend ins Bild gerückt!) und vor allem eine ganz reizende Komik, die den Film bis zuletzt prägt und uns auch manche vorhersehbare Entwicklung gern akzeptieren lässt. Ein Film, in den die Frauen einmal im Jahr ihre Männer schleppen und sie zwischendurch immer mal vielsagend von der Seite anschauen, und als Mann muß man dann einfach hart sein und den Blick strikt geradeaus richten. Gut, dass die Sitzung nur neunzig Minuten dauert! (21.2.)