A quantum of solace (Ein Quantum Trost) von Marc Forster. GB/USA, 2008. Daniel Craig, Olga Kurylenko, Mathieu Almaric, Giancarlo Gannini, Jeffrey Wright, Judi Dench, Gemma Atherton, Joaquin Cosío, Anatole Taubmann, Jesper Christensen

   Nachdem „Casino Royale“ allgemein als eine willkommene und vor allem notwendige Frischzellenkur der zur Routine erstarrten Bond-Serie empfunden wurde, sehe ich den neuen Film leider wieder als Rückschlag, oder zumindest hält er für mich nicht das, was der Vorgänger versprach. Eindreiviertel Stunden Actiontheater zwischen der Amalfiküste, Siena, Bregenz, Port-au-Prince und Bolivien mit den üblichen Schauwerten (ganz passabel) und im üblichen Turbotempo (heutzutage Standard!), dazu eine Story, für die die Bezeichnung „dünn“ erfunden wurde. Darin ähnelt der Neue wiederum dem Vorgänger, wobei ich es auch diesmal nicht fassen kann, einen Namen wie Paul Haggis unter den Autoren zu finden, denn der liefert ja für gewöhnlich schon Qualitätsarbeit ab. Hier begnügt man sich mit einem wackligen Handlungsgerüst um einen fiesen Multikonzern, der nach Bodenschätzen, Monopol und Macht giert, um korrupte südamerikanische Diktatoren und Bonds Suche nach dem Mörder seiner geliebten Vesper, der er offenbar noch immer nachtrauert. Das ist sicherlich ungewöhnlich für 007, der ja sonst immer nur nach vorn schaut, hat im Film aber so wenig Platz, dass man nicht ernsthaft von „Tiefgang“ sprechen könnte. Überhaupt hat sich die Wahl des Regisseurs, der bislang eher durch effektvolle Psychodramen aufgefallen ist, in keiner Weise ausgezahlt, im Gegenteil, dem Film fehlt in gravierendem Maße, was „Casino Royale“ bei aller Härte auch auszeichnete, nämlich der human touch. Craig schaut grimmig in die Gegend, als würde er auf einer Patrone herumbeißen, und hat kaum Zeit für Zwischentöne und menschliche Momente, die Bondine, nach altem Schema ein Ex-Model, schaut hübsch aus, kann aber nicht wie Eva Green betont weibliche Akzente setzen, Judi Dench gibt ihren Szenen das gewohnt markante Gesicht, und die Schurken sind diesmal wieder eher blass ausgefallen, auch ein so vorzüglicher Schauspieler wie Mathieu Almaric, der sich für die Comicwelt James Bonds nicht recht eignet. All das ist nicht den fehlenden Qualitäten der Darsteller geschuldet, sondern den fehlenden Qualitäten eines Drehbuchs, das etwas lieblos und schludrig vorangaloppiert und niemandem Zeit zum Atemholen lässt. Immerhin, und das ist das einzige, was ich als Pluspunkt gelten lassen würde, gibt es einige kritische Töne zur internationalen Verbandelung von Interessen, zum globalen Markt, das heißt zur globalen Korruption und Kriminalität. Selbst M sieht sich plötzlich einem Minister gegenüber, der bereit ist, mit Gangstern Geschäfte zu machen, um am Markt zu bleiben, weil man muss ja mit der Zeit gehen, und wenn alle anderen es tun, kann man nicht draußen vor bleiben. So gesehen ist dies sicherlich ein moderner, aktueller Film, der unseren Helden nicht mehr mit dem simplen Kalten Krieg und dessen simplen Freund-Feind-Schema konfrontiert, sondern mit einer komplexen, intriganten, durch und durch kalten und bösartigen Welt, die von Gier, Rücksichtslosigkeit und einer Form der Brutalität regiert wird, dass man sich den guten alten Blofeld augenblicklich zurück wünscht. Bond passt sich übrigens in dieser Hinsicht ganz gut an, denn auch er geht mit einer Kälte und Brutalität zu Werke, die ihn früher noch nicht auszeichnete und die mir persönlich auch nicht sehr sympathisch ist. Auch so betrachtet ist James Bond ein wenig von uns abgerückt, er ist nicht mehr das Idol, der Superheld, er hat reichlich Blut an den Händen, manchmal auch das Blut unbewaffneter, wehrloser Gegner.

 

   Der dritte Bondfilm mit Craig wird nun zeigen, wohin der Weg führt, das heißt, ob „Casino Royale“ vielleicht nur ein kurzes Zwischenhoch war. Das Rezept könnte ganz einfach sein – etwas mehr Mühe mit dem Drehbuch geben und schon ist alles klar. Denn an sich ist Craig ein starker Typ, und auch die Figur Bonds ist durchaus wandelbar und anpassungsfähig. Abwarten und Tee trinken, würde der Brite jetzt sagen. (17.11.)