Haywire von Steven Soderbergh. USA/Irland, 2011. Gina Carano, Ewan McGregor, Channing Tatum, Michael Douglas, Antonio Banderas, Michael Fassbender, Michael Angarano, Mathieu Kassovitz, Bill Paxton
Da hat sich der Soderbergh wohl gedacht, verdummich, ich will auch einen Bourne-Film machen, weil die Copyright aber schon vergeben war, musste er sich einen eigenen Jason Bourne ausdenken, und weil er immer schon ein ganz Schlauer gewesen ist, hat er einfach eine Frau zur Hauptfigur gemacht, und schon ist was gaaanz anderes dabei rausgekommen. Höhöhö.
Spaß beseite – Mallory Kane ist natürlich nix anderes als ein Bourne mit Busen, wenn man so will, eine perfekt gedrillte und jederzeit funktionstüchtige Kampfmaschine mit gelegentlichen Anflügen menschlicher Regungen, alles in allem aber knallhart und vollkommen gnadenlos, wenn es gegen die Bösewichter geht. Die sitzen, wie beim Jason auch, in den eigenen Reihen, in der eigenen Firma, die natürlich nicht näher spezifiziert wird, irgendein regierungsnaher konspirativer Haufen, der allerlei obskure Händel treibt, und der die unbequeme und abwanderungswillige Mallory loswerden will. Zu diesem Zwecke werden allerhand fiese Fallen aufgestellt, denen unsere Heldin sämtlich entkommt, und auch Mr. Superslick Antonio Banderas hat am Ende keine Wahl, als einzugestehen, dass diese Lady einfach einen Tick tougher ist als die ganze Schwanzträgerbande zusammen.
Hier geht’s nicht um tiefgehende Charakterporträts, es geht auch nicht um die qualifizierte Darstellung internationaler politischer Kriminalität und Korruption, es geht einzig und allein um den Moment, die kinetische Energie, die Verfolgungen, die Fluchten, die Kämpfe, all das vor attraktiven, wechselnden Schauplätzen zwischen Barcelona, Dublin, New Mexiko, Kanada und diversen anderen US-Locations. Die Dame ist im Nahkampf ebenso zuhaus wie am Steuer eines Autos oder als Fassadenkletterin, sie wurde bei den Marines programmiert zu überleben und sie hat nicht mehr Profil als eine Comicfigur (vielleicht entstammt ihre Vorlage gar einer Graphic Novel...?) mit einem wirklich nur minimalen Gefühlsanteil, der im ganzen Tohubawohu aber locker vernachlässigt werden kann. Soderbergh hat eine Hauptdarstellerin gefunden, die folglich in erster Linie durch eine eindrucksvolle physische Präsenz überzeugt, was in diesem Fall ausreicht, denn mehr wird nicht von ihr verlangt. Ihre Gegenspieler sind durchweg sehr illustre Herren, deren Potential nicht mal ansatzweise ausgeschöpft wird, die aber immerhin für ein paar markante, nachhaltige Momente sorgen, wie beispielsweise der zur Zeit scheinbar allgegenwärtige Mr. Fassbender, der diesmal einen recht unschönen Abgang hat.
Auf der Unterhaltungsebene wird aber solide Kost geboten – rasantes Tempo, flotter Schnitt, David Holmes’ bewährter funky Soundtrack und eine irgendwie vage ominöse Atmosphäre dunkler Verstrickungen, die aber zu keiner Zeit greifbar oder konkret werden. Man sieht sofort, wo Soderbergh seine Prioritäten gesetzt hat, und wer mit diesem eher oberflächlichen und rein auf optische Wirkung fokussierten Konzept leben kann, darf sich eines schwungvollen Kinoabends erfreuen – wer nach Substanz sucht, soll lieber auf Ostern warten. (12.3.)