Le Week-End von Roger Michell. England, 2013. Jim Broadbent, Lindsay Duncan, Jeff Goldblum
Ich habe Filme von Hanif Kureishi (oder zumeist nach seinen Drehbüchern entstandene) immer gern gemocht, struppig, provokativ und launisch wie sie waren. Bissige, polemische Kommentare zur britischen Multikultiklassengesellschaft oder Herausforderndes zum Thema Sexualmoral (gerade in Britannien ein besonders fruchtbares Feld...), nicht immer leicht verdaulich, zumeist aber höchst unterhaltsam. Das hat diesmal irgendwie nicht so gut geklappt, anders etwa als in früheren Michell-Kureishi-Kollaborationen (beispielsweise „The Mother“). Es geht zugegeben auch nicht gleich um die Gesellschaft im Ganzen, sondern nur um ein alterndes Ehepaar, das seinen dreißigsten Hochzeitstag in Paris verbringt und dabei ein paar turbulente Tage erlebt. Aber so was lässt sich durchaus auch gehaltvoll und unterhaltend zugleich aufbereiten, ohne dass der Film gleich wieder in die Nähe der grässlichen Wohlfühlkisten driften muss. Letzteres zumindest ist geglückt, denn nach anderthalb Stunden fühlte sich niemand im Publikum mehr so recht wohl, die anfangs noch heitere Laune verdüsterte sich zunehmend, aber auf eine Weise, die nicht mal inspirierend war, sondern zumindest mich mehr oder weniger leer zurückließ.
Natürlich gehen Meg und Nick in konzentrierter Fassung durch alle Phasen und Phänomene einer Beziehung: Zärtlichkeit, Anziehung, Verführung, Ermüdung, Aggression, Eifersucht. Fast im Sekundentakt wechselt da manchmal die Stimmung, zu schnell für einen Phlegmatiker wie mich und auch zu schnell, um noch glaubwürdig zu sein. Vor allem Meg zielt teilweise gewaltig unter die Gürtellinie, lässt ihn die ganze Frustration einer Ehefrau spüren, die sich viel zu früh schon abgefunden und arrangiert hat mit all den Unzulänglichkeiten und Mittelmäßigkeiten ihres Gatten und ihres gesamten Daseins, während er zwischendurch durchaus den Impuls verspürt, die Ehe zu retten, zu erneuern. Es kommt zu einigen wirklich amüsanten Episoden in Paris, die andeuten, wie die Geschichte der beiden auch hätte erzählt werden können. Dann aber ändert sich der Tonfall zunehmend, wird Nick mehr und mehr von überwältigendem Selbstmitleid überrollt, und so versinkt die letzte halbe Stunde irgendwie in jener Sorte intellektueller Tristesse, die mich absolut nicht juckt, die auch von Ironie oder ähnlichem nicht ausreichend abgefedert wird, und auch das Auftauchen eines alten Cambridgekumpels von Nick rettet da wenig, im Gegenteil, denn Jeff Goldblum darf leider wieder seine alte Jeff-Goldblum-Nummer abziehen, und die konnte ich schon immer nur in kleinen Dosen genießen. Zum Teil kommt hier wieder ein bisschen Hanif Kureishi durch, wenn es um die Reminiszenzen der 60er- und 70er-Jahre-Generation geht und darum, was aus ihren Idealen und Träumen geworden ist. So richtig kommt das Thema aber nicht zum Tragen, und falls Kureishi im Sinn hatte, auch etwas von einem Generationenporträt zu integrieren, so ist von dieser Absicht im fertigen Film wenig erhalten geblieben.
Jim Broadbent und Lindsay Duncan spielen das ganz fabelhaft und sorgen auch in der trüben zweiten Hälfte für ein paar starke Zwischentöne, nur können sich ihre Charakterzeichnungen nie voll entfalten, weil Mitchell als Regisseur die Gangart zu häufig ändert und er die beiden zu guter Letzt ein wenig aus dem Blick verliert. Insgesamt ein Film, der unentschlossen zwischen Fisch und Fleisch schwankt und mich mit zunehmender Dauer abwechselnd genervt oder gelangweilt hat. Für den achten Lichtwerkgeburtstag definitiv kein würdiges Ständchen. (18.1.)