Le otto montagne (Acht Berge) von Felix van Groeningen. Italien/Belgien/Frankreich, 2022. Luca Marinelli, Alessandro Borghi, Filippo Timi, Elena Lietti, Elisabetta Mazzullo, Andrea Palma, Lupo Barbiero, Cristiano Sassella, Surakshya Panta

   Eine Geschichte von Männerfreundschaft, Selbstsuche und -findung, dem bedingungslosen Festhalten an Träumen und Überzeugungen und dem Preis, den man manchmal dafür zahlen muss. Eine Geschichte auch von Versäumnissen, die sich nicht nachholen lassen und von Sprachlosigkeit, die sich nicht auffangen lässt. Vor allem aber die Geschichte einer Freundschaft, die sich nach langjähriger Trennung wieder langsam aufbaut, die enger und intensiver wird, die aber doch nicht verhindern kann, dass einer der beiden Freunde sein Leben verliert und der andere nichts dagegen tun kann. Denn eigentlich sind Petro und Bruno sehr verschieden, stammen aus verschiedenen Welten, der eine aus der Stadt, aus Turin, der andere mitten aus den Bergen. Als Jungs sind sie sich sehr nahe, weil Pietro mit seinen Eltern einige Sommer oben in den Bergen verbringt, in einem kleinen Dorf, in dem Bruno der einzige Junge in seinem Alter ist. Später kommt es dazu, dass jeder der beiden erstmal seinen eigenen Weg geht, wobei Bruno ganz konsequent dort lebt, wo er immer schon gelebt hat und wo er immer leben will, während Bruno ein wenig ziellos umherreist, und erst in Nepal ein Naturerlebnis hat, das ihn an zuhause erinnert. Und dort lernt er endlich eine Frau kennen, mit der er eben möchte, und er wird als Reiseschriftsteller seinen ersten Erfolg haben und künftig zwischen Himalaya und Alpen pendeln. Er muss die verpasste, versäumte Beziehung zu seinem mittlerweile verstorbenen Vater verarbeiten und erfahren, dass Bruno die ganzen Jahre über engen Kontakt zu ihm hatte, und später dann wird er all die Gipfelbücher lesen, die Einträge, die sein Vater dort hinterlassen hat, und er wird dort erfahren, dass sein Vater sich immer nach Nähe zu ihm sehnte und seinerseits auch nie auf seinen Sohn zugehen konnte. Bruno hat eine Familie gegründet, gerät jedoch in große finanzielle Schwierigkeiten, verliert seine Familie wieder und zieht sich verzweifelt und auch für seine besten Freund unerreichbar in die Berge zurück, wo er schließlich im tiefen Schnee umkommt.

 

   Vor allem in der ersten Hälfte hat der Film viele magische Momente, wenn er von der Freundschaft zweier Jungs und später zweier Männer erzählt, und mir persönlich hätte das schon völlig ausgereicht unter der Voraussetzung, dass wir dicht bei diesen beiden Männern bleiben und ihnen wenn möglich ein wenig näher kommen. Vor allem Pietros wiederholte Nepalreisen haben mich persönlich nicht so sehr interessiert, und die sind es auch, die für einige Längen in dem Zweieinhalbstunden-Werk verantwortlich sind. Schön wird’s immer, wenn Pietro zurück in die Alpen kommt, wir ebenfalls zurückkehren zu der vertrauten Gemeinschaft und nun schauen können, ob sich etwas verändert hat oder ob Pietros und Brunos Freundschaft weiter stark ist. Pietros Spurensuche auf heimischen Gipfeln hat mich sehr berührt, all die hinterlassenen Einträge seines Vaters, die ihm klarmachen, dass sowohl Vater als auch Sohn es nie geschafft haben, ihre Liebe und die Sehnsucht nach der Nähe des anderen zum Ausdruck zu bringen. Auch zwischen Pietro und Bruno bleibt vieles nach Männerart unausgesprochen, der rigorose Bergmensch Bruno schottet sich am Ende gegen Pietros Hilfsangebote ab, Pietro wiederum gelingt es nicht, Zugang zu seinem Freund zu bekommen und ihn davon zu überzeugen, dass es für ihn ein Leben außerhalb auch außerhalb seiner geliebten Bergwelt geben könnte. Am Ende bleibt eine tief melancholische Grundstimmung zurück, die durch die wunderbaren Songs von Daniel Norgren perfekt untermalt wird. Ja, und die Bilder aus den Bergen sind natürlich sowieso herrlich. Wenn van Groeningen seinen Fokus etwas entschiedener nur auf die beiden gelegt hätte, wäre ich glaube ich noch zufriedener gewesen, so ging meine unmittelbare Anteilnahem zwischendurch immer mal kurzzeitig verloren, aber in seinen besten Momenten ist dies ein sehr gefühlvoller und ausdrucksstarker und vor allem ganz einfach schöner Film. ˜˜˜˜» (18.1.)