Barbie von Greta Gerwig. USA, 2023. Margot Robbie, Ryan Gosling, America Ferrera, Ariana Greenblatt, Michael Cera, Will Ferrell, Kate McKinnon, Issa Rae, Simu Liu, Kingsley Ben-Adir
Ich konnte mit Barbie und dem ganzen Puppengedöns allgemein noch nie was anfangen, aber der Name der Regisseurin hat mich natürlich ins Kino gelockt, und ich kann frohen Mutes verkünden, dass ich diesen Entschluss nicht bereut habe. Dies sind zwei höchst vergnügliche Stunden – eine quietschbunte, laute, einfallsreiche, launige und weitgehend (s.u.) unterhaltsame Satire auf alles Mögliche: Amerika, Hollywood, Machos, Feministinnen, Musicals, die bunte Plastik- und Konsumwelt in Barbieland ebenso wie die bunte Plastik- und Konsumwelt der Realität in L.A.. Die Ordnung dieser beiden zuvor säuberlich getrennten Sphären geht flöten, als Barbies makellose Fassade plötzlich Risse bekommt und sie zusammen mit Ken in die Realwelt reisen muss und dann alles drunter und drüber geht. Ken entdeckt, dass in der Realwelt die Machtverhältnisse ganz anders aussehen als in Barbieland, wo die Frauen das Sagen haben und die Kens nur Staffage sind. In der Wirklichkeit liegen die Dinge bekanntlich genau andersherum, und die Kens proben nun den Aufstand, stürzen die bestehende Ordnung, und als Barbie zurück in die Heimat kommt, stellt sie fest, dass Barbieland nicht mehr ist, was es vorher war und sie nun versuchen muss, irgendwie den alten Zustand wieder herzustellen.
Drumherum tut sich noch eine ganze Menge mehr, und für meinen Geschmack packen die Autoren Gerwig und Baumbach ein paar Themen zuviel in ihre Story, vor allem gegen Ende, wenn es dann sogar ein bisschen zu feierlich wird, der bis dahin so durchgängig flotte Erzählfluss kurzzeitig ins Stocken gerät und leider doch ein bisschen zuviel Hollywood durchkommt. Davor aber gibt es sehr viel Spaß und auch einigen Tiefgang in Bezug auf Geschlechterklischees und -rollen, wobei Gerwig es sehr gut schafft, die zum Teil sehr bissigen und starken Dialoge in furioser Optik zu präsentieren, und gerade die sorgt dann dafür, dass das hier kein trockenes feministisches Pamphlet geworden ist, sondern höchstens ein sehr witziges feministisches Pamphlet mit genau der passenden Dosis Selbstironie. Und weil Mattel selbst an der Produktion des Films beteiligt war, ist schon klar, dass er allzu böse nicht geworden ist. Ganz klar: An den Kleinen im Publikum geht dieser Film total vorbei und für sie ist er eindeutig nicht bestimmt. Ob die fröhlich kostümierten Teenies in der Reihe vor uns auf ihre Kosten kamen, weiß ich auch nicht so genau - das Gelächter kam fast ausschließlich von den Älteren im Publikum, die vielleicht der Nostalgie wegen gekommen waren. Aber egal, die visuellen und verbalen Gags kommen in flottem Tempo und die Schauspieler hatten alle ganz offensichtlich einen Heidenspaß und meinen Lieblingssong von den Indigo Girls gibt’s auch. Und Greta Gerwig nimmt sich auch noch das letzte Wort und setzt nach der erwähnten etwas pathetischen Sequenz noch eine coole Schlusspointe. Ich hätte nicht gedacht, dass die amerikanischen Zensoren mittlerweile das Wort „Gynäkologe“ durchgehen lassen… (29.7.)