Golda von Guy Nattiv. England, 2023. Helen Mirren, Zed Josef, Claudette Williams, Rami Heuberger, Rotem Keinan, Lior Ashkenazi, Ohad Knoller, Liev Schreiber

   Eine kurze Geschichte des Yom-Kippur-Krieges von 1973 und seiner längerfristigen Folgen mit Fokus auf die Person Golda Meirs, der damaligen Ministerpräsidentin Israels. Anfangs scheint sie überwältigt von der unerwarteten Attacke (die eigentlich gar nicht so unerwartet war, wie sich dann herausstellt), später jedoch zeigt sie klare Kante den verbündeten Amis und auch den feindlichen Arabern gegenüber, verhandelt radikal kompromisslos, immer nur ihrem Ziel verpflichtet und wird am Schluss dadurch belohnt, dass Präsident Sadat Israel während der Friedensverhandlungen erstmals öffentlich als Staat beim Namen nennt und damit anerkennt. Mit ihrem Leben bezahlt haben dabei in knapp drei Wochen mehr als zweitausendfünfhundert Israelis und mehr als achttausend Araber.

   „Golda“ ist spannend, atmosphärisch, thematisch sehr dicht und verzichtet lobenswerterweise auf großes Schlachtgetümmel. Dass Helen Mirren einmal mehr hervorragend ist, bedarf eigentlich nicht mehr der Erwähnung, sondern kann als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Wenn ich allerdings eingangs von einer kurzen Geschichte sprach, meine ich damit eine sehr kurze Geschichte, und damit ist aus meiner Sicht das größte Problem dieses Films benannt. In gerade mal einhundert Minuten behandelt er einen historischen Abschnitt mit sehr komplexer Vor- und Nachgeschichte (weitaus interessanter natürlich als der Yom-Kippur-Krieg selbst), und ich hätte mir sehr gewünscht, dass mehr Zeit und Sorgfalt genau darauf verwendet worden wäre. So wirkt vieles am Drehbuch ein wenig oberflächlich, zu kurz und knapp, sowohl was Golda Meirs Persönlichkeit und ihre Rolle als Ministerpräsidentin betrifft als auch Israels spezifische Position als ständig von neuen Angriffen und Gewalttaten bedrohter Staat inmitten anderer feindlich gesonnener Staaten. In einem einzigen kurzen Satz, in dem Meir auf ihre Kindheit in der Ukraine hinweist und den ständig vorkommenden brutalen Übergriffen auf die jüdische Bevölkerung, ahne ich, was diese Frau geprägt haben mag, was sie auch in späteren Jahren noch immer prägt, ihr Denken, ihr Handeln. Solche Momente sind leider sehr rar in einem Film, der ohnehin ziemlich langsam in die Gänge kommt und erst Fahrt aufnimmt, als die schwierigen internationalen politischen Verwicklungen Gestalt annehmen. Kissinger will eine schnelle Waffenruhe, bevor der Konflikt größere Wellen schlägt. Die Russen liefern Waffen, die Amis liefern Waffen, und als die Israelis eine ganze ägyptische Armere eingekesselt haben, erkennt Meir ihre Chance, Sadat an einen Tisch zu holen und ihn dazu zu zwingen, den jüdischen Staat endlich anzuerkennen. Das Hohelied, das ganz am Schluss auf Golda Meirs Verdienste angestimmt wird, wirkt dann noch seltsam feierlich und pathetisch, und komischerweise ist der Film dann doch all jenen gewidmet, die in diesem kurzen Krieg starben, wobei sich das Drehbuch konsequent um die Frage, ob dies vielleicht hätte vermieden werden können, herumbewegt. Meirs Gewissensnöte werden zwischendurch immer mal zum Ausdruck gebracht, doch bleibt offenbar die Einschätzung bestehen, dass es zu diesem großen Opfer keine Alternative gab.

 

   So bleibt trotz der interessanten Hintergründe für mich der Eindruck eines Films, der seine Möglichkeiten nicht ausschöpft, der lediglich einer Frau ein Denkmal setzen möchte und sich dafür auf eine hochklassige Darstellerin stützt. Für meinen Geschmack reicht das allein in diesem Fall jedoch nicht ganz aus. ˜˜˜ (11.6.)